Montag, 22. Juni 2015

Alles glauben oder ....?

Leute, so geht das nicht. Wirklich!

Bild: pixabay.com 
Als jemand, der viel recherchiert und sich in den Medien herumtreibt und sogar selbst dazu gehört, fällt mir eines derzeit wirklich arg auf: Es wird fast alles geglaubt. Ich frage mich warum?

Da werden Links veröffentlicht und rausgeballert, die uralt sind und kein Krümel dessen, was da steht, wird angezweifelt. Weil keiner das Datum liest, das da ganz unten ganz klein steht.
Egal wie das Medium ist, wann der erste Veröffentlichungstag war und besonders glaubhaft wirds offensichtlich, wenn die Überschrift besonders Beifall heischend ist. Besonders nach Skandal stinkt oder nach Sensation duftet.

Und geglaubt wird gerne. Wirklich. Auch wenn ich jetzt provokant werde, ihr mich gleich haut, aber so geht das nicht. Ihr könnt, dürft und sollt nicht alles glauben, was die da draußen schreiben. Oder posten. Oder weiter posten. Oder so.

Da werden Hoffnungen geschürt, da werden Wege aufgezeigt, die nie so gehen würden oder auch Dinge behauptet, bei denen mir ab und an echt gruselt. Es wird zusammenhanglos diskutiert und alles das, was einem da serviert wird, vermeintlich auf dem Silbertablett unter die Nase gehalten wird, wird geglaubt. Vorbehaltlos. So scheint es manchmal.

Und ja, ich kann verstehen, dass man sich gerne an ein Stück Hoffnung klammern möchte, weil man wirklich gerne als geheilt gelten würde, anstatt MS zu haben. Das geht dennoch nicht. So zumindest.

Aber  hey, ich verordne Euch jetzt eine große Dosis Misstrauen und gebe Euch mal einige Tipps, wie mans besser abcheckt, ob das, was da ein anderer vor sich hinschrieb, am Ende auch glaubhaft sein kann.

Widmen wir uns nun einigen Tipps, die Ihr gerne ergänzen dürft, sollt, könnt, müsst! Damit wir alle ein wenig kritischer mit dem umgehen, was man uns so vorsetzt.

1. Schaut aufs Datum. Das steht tatsächlich ganz unten. Meistens. Steht da zum Beispiel 2004, wäre ich mal vorsichtig. In Anbetracht dessen, dass wir 2015 haben und es elf Jahre später ist, kann viel passiert sein. Oder? Glaubt mans? Glaubt mans nicht? Ihr esst doch auch keine Lebensmittel, deren MHD aber sowas von lang überschritten ist oder? Und ein Auto mit abgelaufenem TÜV Papperl kommt nicht in Frage oder? Also!

2. Deshalb: Doppelcheck. Interessiert Euch das Thema, nutzt Google oder andere Suchmaschinen, fragt Euer Netzwerk oder auch den Arzt, wenns ganz wichtig ist. Taucht das Thema in anderen Medien auf, verfolgt es. Geht der Sache auf den Grund. Wenn Euch die Bank erzählt, sie will mehr Geld, forscht Ihr doch auch oder? Oder wenn der Handwerker Euch eine überteuerte Kalkulation präsentiert, dann fragt Ihr doch auch woanders nach oder?

3. Lest aufmerksam. Ich habe schon manchmal Artikel gelesen, die sich am Ende in ihrer Argumentation widersprachen. Lieber zweimal lesen und nachdenken, bevor man wenig wertvolle Infos in die Gegend postet. Letztlich ist das, was wir posten eine Empfehlung. Wer mag schon etwas empfehlen, was unverständlich oder widersprüchlich ist? Nur weil die Überschrift spannend war?

4. Ist ein Artikel kurz? Zu kurz? Verschweigt er vielleicht Fakten? Oder Informationen, die im Zusammenhang mit dem Thema aber wichtig zu wissen wären? Hakt auch nach, fragt in den Redaktionen nach. Wie oft gabs schon Artikel über MS, die der Redakteur in einen zu kleinen Rahmen quetschen musste. Da brauchts Mut zur Lücke. Und dann lässt man unter Zeitdruck oft was aus, was aber oft genug wichtig gewesen wäre. Die Konsequenz dieses Handelns? Oft genug falsch informierte Menschen, die dann was von sich geben, was uns wenig gut tut. Oder? Ich sach nur: Vorurteile .... gegen die gehen wir an. Aber gegen seltsames Schriftgut nicht? Hm!

5. Lest Euch Wissen an, versucht zu verstehen, was man Euch sagen will, lest nicht nur mal einen Artikel, weil sich die Überschrift so wunderbar liest. Sondern nutzt auch Fachliteratur, auch wenn man die am Anfang echt nicht gut versteht, aber das kann man lernen. Klar ist, wir werden nie Ärzte werden, sollen wir auch nicht. Dafür haben wir "Personal" ;-). Aber wer sich ein wenig einliest, tut sich wesentlich leichter, wertvolle von nicht besonders guten Informationen zu trennen und entsprechend zu sortieren. Ebenso sind wir so leichter in der Lage, Fragen zu stellen, die uns zum Grund einer Info führen.

6. Gesunder Menschenverstand darf ruhig zum Einsatz kommen. Wenn Euch Eure Intuition schon plagt, Euch quasi ins Ohr brüllt, endlich die Finger von dem da zu lassen, was vor Euch liegt, dann hört auf sie. Lasst es sein.

7. Fragt einen anderen Menschen. Einen, der erst mal liest, dann nochmal liest und euch dann die eigene, objektive Meinung sagt. Oft können wir als Betroffene nicht so gut urteilen. Wir sind oft nicht auf der Sachebene unterwegs. Daher hilft es, wenn jemand das für uns unternimmt und noch einmal über etwas schaut. Zur Not: Patientenorganisationen haben meist gute Ansprechpartner.

Wieso ich das schreibe?

Wir sind Patienten. Wir müssen uns oft genug entscheiden. Und diese Entscheidungen sind meistens solche, die wir für unsere Gesundheit treffen, sie beeinflussen unser Leben. Wenn wir uns also entscheiden, müssen wir Bescheid wissen. Wir sollten die Unterscheidung zwischen für uns wirklich wertvollen Entscheidungen und denen, die es eher nicht sind, hinkriegen. Mit der Zeit. Nicht sofort. Aber hey, es geht um uns. Wir spielen quasi die Hauptrolle in dem Stück und wir sollten auch ab und an auf das achten, was uns umgibt.

Und da darf man doch ruhig ein wenig kritischer mit dem umgehen, was man uns anbietet. Oder?

Habt Ihr noch Tipps und Gedanken, die uns allen helfen können, um wie Aschenputtel die kleinen Infos ins Töpfchen oder ins Kröpfchen zu sortieren?

Liebe Grüße
Birgit


Copyright by Birgit Bauer 2015
Bild: pixabay.com 


2 Kommentare:

  1. Hallo Birgit,
    ich lese immer kritisch und wenn jemand daher kommt mit einem Mittel oder Erkenntnissen, die so derart bahnbrechend sein sollen oder - was ich in einem anderen Zusammenhang mal gelesen habe - "bisher geheim gehalten" wurden, dann werde ich misstrauisch. (Wieso sollte sowas geheim gehalten werden? Weil wegen der bösen Pharmaindustrie etc.?)
    Dann ist weitere Suche im grossen weiten Internet angesagt ... und sehr oft sind es Seifenblasen.
    Höre ich Aussagen wie "MS ist heilbar" oder (sagte eine Heilpraktikerin meinem Bruder gegenüber) "MS kommt von einem Vitamin D Mangel" ... dann bekomme ich das kalte Grausen und eine Internetrecherche spar ich mir da mal – wie auch meinen Ärger über sowas.
    Also wirklich - wenns so einfach wäre(??!!!) warum wird dann weiter geforscht?
    Manches mag sich ja wirklich hoffnungsvoll anhören, aber Geheimbehandlungen gibt es nicht - das sagte mir mein gesunder Menschenverstand (den ich hoffentlich habe).
    Ja, man klammert sich sicher an jeden Strohhalm, da man nun mal nicht gern MS hat und die Auswirkungen derselben, man liest gern Erfahrungsberichte von Menschen, denen es nach irgendwelchen Maßnahmen o. ä. besser ging - wenn man den psychologischen Faktor dazu rechnet, ist es vielleicht bei manchen Menschen auch so.
    Ob es medizinisch gesehen wirklich was gebracht hat ... wahrscheinlich eher nicht.
    Jedoch solange es nicht schadet und jemand sich dann wohler fühlt, sollte dieser Wohlfühlfaktor aber auch nicht ganz außer acht gelassen werden - MS ist nicht heilbar, aber großteils beherrschbar und was auch immer einem das Leben erleichtert und Lebensfreude durch Wohlfühlen schenkt ... ist meiner Meinung nach nicht völlig verwerflich. Leider wird das aber auch ausgebeutet und Geld mit irgendwelchen Mittelchen gemacht.
    Wie gesagt: solange es nicht kontraproduktiv ist (!!!) und das sollte jeder schon genau und kritisch hinterfragen.
    Und wirklich nicht immer alles glauben!
    Tipps und Gedanken - ich vertraue meiner Neurologin und denke, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auch in einem solchen Rahmen veröffentlicht werden, also sind Internetseiten der DMSG oder derartigen Organisationen schon einigermaßen vertrauenswürdig.
    Diskussionsforen oder Blogs sind deshalb nicht unglaubwürdig - aber man sollte schon im Hinterkopf behalten, dass das immer Darstellungen und Meinungen einzelner oder weniger Betroffener sind und nicht ein Gesamtbild darstellen. Auch ist es ja oft so, dass entweder etwas völlig Neues begeistert dargestellt wird oder es ist etwas absolut Negatives - dazwischen gibts meist nicht viel - siehe auch die Meinungen zu irgendwelchen Produkten. Da gibts entweder "völlig mies" (weil ich mich grad aufgeregt habe) oder "total toll" (weil ich grade eine tolle Erfahrung gemacht habe) - sowas wie "läuft" oder "ist ok" schreibt keiner oder macht sich einfach nicht die Mühe, weils ja läuft und ok ist.
    Aufmerksam bleiben …
    Viele liebe Grüße
    Steffi

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    1. Liebe Steffi, da hat sich der Kommentar bei mir in der Technik verfangen, daher erst verspätet eine Antwort. WEnn mir jemand erzählt, dass MS heilbar ist, suche ich das Weite. Ich glaube, es ist wichtig, sich das gesunde Misstrauen zu bewahren und für sich einen guten Weg zu finden. Und eben nicht alles zu glauben, sondern auch zu hinterfragen. Blogs sind authentische Meinungsbildner, können aber nie neutral sein, sofern sie von Patienten oder Angehörigen verfasst werden, weil sie eine Geschichte erzählen. Dafür haben wir Patientenorgas. Oder seriöse Medien. :-) Ganz liebe Grüße, Birgit

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