Donnerstag, 12. Oktober 2017

Neulich im Bett mit ...

Also, um es gleich zu sagen, es kommt jetzt nicht das, was mancher so erwarten wird. Bei der Schlagzeile. :-) Und noch was, dieser Beitrag könnte Spuren von Ironie, Übertreibung und einem Hauch Bissigkeit enthalten. Allergikern raten wir vom Lesen ab.

Aber es war so. Ich lag im Bett. Halbdunkel war im Zimmer und der Tag kitzelte schon die Dämmerung heraus. Draußen fuhren erste Autos vorbei. Und doch, es war noch ruhig. Welt im Halbschlaf würde ich das nennen. Kurz davor, ins tägliche Leben einzutauchen, aber noch zu schläfrig, um wirklich loszulegen. Das leise Hintergrundrauschen kam vom Regen, der sich in das Erwachen mogelte und mich sanft auf etwas hinwies.


Ich kuschelte mit der Zufriedenheit und dem Glück. Geniale Bettgenossen übrigens. Neben .... nun ja... :-)

Ich räkelte mich im Bett. Kuschelte mich noch tiefer in die Decke. Und freute mich über das Gefühl des Beschütztfühlens. Die Wärme, die mich umgab und die Ruhe im Haus. Irgendwo hörte ich den Kater leise maunzeln. Er wartete wohl auf sein Frühstück.

Doch ich war noch nicht soweit. Ich wollte mich noch ein wenig in dem wohligen Gefühl wälzen, das mich umgab. Dieses tiefe zufriedene Gefühl, das mich umhüllte wie ein Beschützer. In ihnen kann man sich wälzen, wie ein kleines Ferkel im Dreck und man kann sie im Herzen aufbewahren.

Ich war im Bett mit dem, was ich für mich als Glücksmoment bezeichne, als Zufriedenheit sehe. Etwas, das mir neben dem Gefühl der Dankbarkeit auch immer wieder sagt, dass doch so viel gut ist. In meinem Leben.

Es geht mir gut. Das Leben ist gut so, wie es ist.

Auch wenn ich MS habe, mein Leben ist jetzt nicht das, was ich am Anfang, gleich nach der Diagnose erwartet hatte, nämlich das personifizierte Elend. Es ist ganz anders.  Heute, wenn ich mir das so ansehe, kann ich sagen, es ist in einigen Bereichen sogar besser. Es ist ehrlicher, geradliniger und oft auch spannender geworden. Etwas, was ja jetzt so gesehen nicht schlecht ist. Ganz im Gegenteil, etwas, wofür man sich freuen kann.

Später  an dem  Tag, ich war dann doch aus der innigen Umarmung meines Bettes heraus gekrochen und hatte das Räkeln unterbrochen, fiel mir etwas auf. Es war nicht mal im Netz, sondern draußen, im Supermarkt. Schlechte Laune allüberall. Zur Schau getragene Unzufriedenheit. Egal wo ich war. Bei der Milch, an der Kreuzung zwischen Bananen und den fertigen Salaten, vor den Blumen an der Kasse und auch sonst. Schlechte Laune, Genörgel, Schimpfen. Weil das Leben ach so fies ist.

Überall wo ich war, Gemuffel. Schlechte Laune. Unzufriedenheit. Auch im Netz. Ich beobachtete weiter und es scheint ein Virus zu sein. Oder so. Und dieses Gemuffel kam von Menschen, von denen viele sicherlich keinen Grund hätten, muffelig zu sein oder unzufrieden.
Sie haben es warm, genügend Essen im Kühlschrank, sie haben jemand, der sie liebt, ein Auto, genügend andere Sachen, die man so braucht, können ihre Rechnungen bezahlen und dennoch sind sie extrem schlecht gelaunt. Und machen das, was sie eigentlich nicht für sich möchten: Meckern oder lästern fies über andere, die etwas nicht so tun, wie sie es erwarten. Sie tun das in der Molkerei Südkurve oder auch gerne auf Facebook. Das, was nicht so geschieht, wie man es von anderen erwartet, oder annimmt, wird mal eben zerstückelt. Ob der andere mit dem, was er tut, gut klar kommt, ist ja auch völlig wurscht. Und überhaupt, vor anderen Türen kehrt es sich ohnehin viel besser als vor der eigenen.

Ich könnte es mir einfach machen und sagen, seid froh, dass ihr keine MS habt. Das Leben damit ist ja soooo schwer. Aber so einfach finde ich das nicht. Denn die MS macht mich ja nicht aus. Sie ist Teil dieses Lebens geworden, aber sie spielt nicht die Hauptrolle.

Was bringt uns dazu, trotz all dem, was da ist, immer noch muffelig zu sein. Wir sitzen auf bequemen Sofas und  müssen uns fragen, ob wir das überhaupt dürfen. Dieses Rummuffeln. Ist es ok, wenn wir bei anderen nach Fehlern suchen und sie offen und schlecht gelaunt kritisieren oder anderen die Schuld geben, weil etwas im eigenen Leben nicht so ist, wie man es selbst möchte? Oder liegt es nicht an uns selbst, wie wir Dinge wahrnehmen, betrachten und einordnen? Müssen wir uns an jedem Detail der anderen stören und das offen in die Welt hinaus tröten? Kann es sein, dass dieses muffelige Tröten nicht einen Ruf verschafft, der negativ ist und dazu verleitet, weniger Aufmerksamkeit zu bekommen? Weniger Ansprache? Dinge, die mich echt beschäftigen im Moment.

Ich wurde im Laufe meines Lebens mit MS oft kritisiert, weil ich keine Diättipps mehr hören kann und so esse, dass ich mich wohl fühle, weil ich immer noch so normal wie möglich lebe, ab und an laut bin und nicht die kleine, brave und sittsame Patientin bin, die im eigenen Elend badet.
Ich wurde und werde gerne belästert, besprochen und nicht selten in falsche Schubläden geschoben, weil wieder irgendeiner durch die Gegend grantelt. Bitte. Ich habe aber auch gelernt, dass es nichts bringt, über andere zu muffeln und deren vermeintliche Fehler im Netz oder wo auch immer laut zu begackern. Was bringt das? Außer nicht selten falsche Annahmen und schlechte Laune?



Ehrlich. Nichts! Seit ich das für mich erkannt habe, gehe ich oft mit Zufriedenheit und diesen kleinen kribbelnden Glücksmomenten ins Bett und kuschel mich wonnig mit ihnen zusammen. Jemand meinte neulich, ich wirke selbstzufrieden. Ja, ich bin mit mir selbst zufrieden, ich mag es so wie es ist. Und ich gehe davon aus, dass andere genau das empfinden. Was uns nicht davor schützen wird, die ewigen Muffler und Grantler dieser Welt - oh, ich grantle ab und an auch selbst mal gerne, aber nur ab und an - auf den Plan zu rufen. Die, die es besser wissen und die eben nicht wonnig mit unseren kleinen Gesellen kuscheln oder zu selten.

Die kuscheln eher mit dem Grant und dem, was man eben so negatives Gedöns nennt und was im Netz und im Leben viel öfter passiert, als es müsste. Weil es uns doch eigentlich gut geht. Meistens. Und das sind doch die Momente, die wir genießen und ab und an archivieren sollten. Oder?

In diesem Sinne, philosophische Grüße!

Birgit

Bilder: Pixabay.com
Text: Birgit Bauer 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen