Dienstag, 20. Februar 2018

Work Life Balance und die bewussten Grenzen

Heute schrieb ich: Mit MS zu leben bedeutet auch, bewusst Grenzen zu schaffen um bei sich zu bleiben.



Ein Satz, der mir, entgegen meiner sonstigen sehr kritischen Einstellung mir selbst gegenüber, gefällt. ;-)

Weil er genau das sagt, was angesagt ist: Wer mit MS lebt, muss sich bewusst Grenzen schaffen, um einfach auch die Balance zu halten und die eigenen Kräfte so einzusetzen, dass es Sinn macht. 
 Leider wird dieses bewusste Schaffen von Grenzen aber oft missverstanden. Sagt man: Ich hab viel zu tun kommt? Ein "Oh weia, pass bloss auf" oder sonst so was.

Und da ist sie wieder, die Schublade. Wer krank ist, ist nicht mehr leistungsfähig. Oder so etwas in der Art. Ab in den Schub mit dir und pass bloß auf dich auf. Alles sicher wohlmeinend. Aber auch etwas, das ich mittlerweile kritisch betrachte. Weil es klar macht, wie wenig über MS in der Öffentlichkeit wirklich bekannt ist.



Also, es ist nämlich so: Wer MS hat, muss lernen mit den Kräften zu haushalten. Was nicht heißt, dass man weniger leistungsfähig ist, im Gegenteil. Man muss einfach anders einteilen, was die Ressourcen betrifft. Bei mir sind es mehr Pausenzeiten. Sie stärken mich und machen mich in der Zeit, in der ich arbeite effizienter.

Das kommt auch davon, dass ich mir sehr genau überlege, was ich mache. Unterstütze ich ein Projekt, das von vorne herein schon sehr aufwendig aussieht? Arbeite ich in einer Sache mit, die sicherlich sinnvoll, aber auch Zeit raubend sein kann? Es gilt, vorher genau zu betrachten, was hinterher auf dem Aufgabenplan steht und zu entscheiden, was man schaffen kann und wie man die Prioritäten setzt. Dass dabei oft eine Grenze aufgezeigt werden muss, also auch ein "Nein" stehen kann, ist gut möglich.



Ehrlich, ich glaube, der schlimmste Schritt in Sachen Umstellung ist das "Nein" Sagen zu lernen. Weil es unbequem ist, wenn man einem anderen Mitmenschen etwas abschlägt und in einer Gesellschaft, die "Nein" nicht immer so einfach akzeptiert, ist das echt eine Herausforderung. Besonders, wenn man geprägt wurde, immer parat zu sein. Was vielen von uns passierte. Auf der anderen Seite ist ein "Nein" auch nicht immer nett für unsereins, nicht selten heißt es doch auch Verzicht auf etwas, was man gerne machen wollte oder würde. Aber insgeheim weiß man auch so ganz tief drin, dass es eben eher "ungesund" für einen selbst in Sachen MS wäre, würde man es tun.

Aber für jemand, der MS hat, ist es wichtig, auch ein "Nein" zu entscheden. Denn wir müssen auf unsere Balance achten, was die eigenen Kräfte betrifft. Oft sind zu viele "Einsätze" anstrengend, sie fordern und überfordern nicht selten.

Ein "Nein" heißt also nicht sofort: Die arme Sau hat MS und ist überfordert und gestresst und braucht Mitleid und derlei.

Ein "Nein" heißt in dem Fall: Ok, sie oder er teilt sich die Kräfte gut ein, damit das was sie oder er tut, auch klappt und gut wird.

Es geht bei MS nicht immer um das Nachlassen oder das "Zu krank, um es zu tun", sondern um das vernünftige Haushalten mit Kräften. Es gilt, die Balance zu halten, um sich nicht aufzureiben oder auch die Limits langfristig und dauerhaft zu überschreiten. Damit das Leben und das was man so tut, Spaß macht, angenehm ist und man sich, wie übrigens auch gesunde Menschen, wohl fühlt in seiner Haut. Übrigens etwas, was ich als Grundrecht für alle betrachte.

MS ist in vielen Fällen oft unsichtbar, nervig und nicht selten schon auch anstrengend. Menschen, die mit MS leben, leben anders, der Takt ist verändert, auch wenn man die Erkrankung nicht sieht. Es ist eben, wie der Titel meines Blogs hier: Fast normal.
Dennoch sind Menschen mit MS in der Lage, ganze Berge zu versetzen, die Welt zu verändern und tolle Dinge zu tun. Sie sind leistungsfähig und haben oft mehr Durchhaltevermögen und Kraft, als ich es oft bei gesunden Menschen so gesehen habe.

Aber Menschen mit MS haben ihre Grenzen, ihre Limits, die sie bestimmen. Und nur weil sie das bewusst tun, um eben gut durchs Leben zu kommen (ist dank diverser Schübe oft schwierig genug für ganz viele Betroffene) heißt das nicht: Oh weh, sondern verdient Respekt. Denn selbst solche Entscheidungen sind oft genug eine Herausforderung. Weil wir mit MS auch ungerne etwas ablehnen, es aber müssen, weil sonst unser Kraftbudget schnell verbraucht ist.

In diesem Sinne, bewusstes Einteilen und damit gut oder besser leben!

Liebe Grüße
Birgit



Text: Birgit Bauer
Bilder: Pixabay.com 










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